Eisernes Buch
der Gemeinde Lobberich (1929)

- Die Heimkehr der Krieger -

Seite 180-185

eisernes Kreuz

Den heimkehrenden Kriegern zum Gruß!

Seid uns gegrüßt vieltausendmal!

Des Willkomms Gruß soll freudig euch erklinge,
Voll Herzensdank wir reichen euch die Hand!
Euch, die mit kräft´ger Wehr im Schlachtenringen
So treu beschützt das deutsche Vaterland!

Gedenkt ihr noch, wie wir mit feuchten Blicken,
Da ihr hinauszogt, uns von euch getrennt?
Ein heißer Tag im Sommer war´s. Im Rücken
Blieb euch der Strom, den jede Lippe nennt.

Das war ein Krieg, so freventlich erzwungen,
Dass nie ein Volk ein reiner Schwert noch zog;
Durch Blut und Eisen seid ihr vorgedrungen,
Dass unser kühnstes Hoffen überwog.

Willkommen all, ihr wackeren Gestalten,
Als Held ihr in die Heimat kehrt zurück.
Geblieben sind es doch die Lieben, alten,
Die uns verlassen einst im Friedensglück.

Und wenn auch nicht die Friedensglocken schallen,
Von Turm zu Turm in feierlichem Chor,
Im Jubelsturm nicht die Geschütze knallen:
Ein Dankgebet steigt doch zum Herrn empor.

Ist doch vorbei das ungeheure Morden,
Wie nie zuvor im Zeitenflug geschehen;
Gottlob, dass Frieden endlich uns geworden,
Drum, deutsches Volk, lass dankerfüllt dich sehn!

Uns brennt das Herz, kaum kann es sich noch halten,
Von Tränen flimmert jedes Augenlid,
Der Jubel schweigt. - - Der Feind mit Allgewalten
Zu eigner Schand Germanias Leid entschied.

Doch ihr, die wir nicht mehr daheim gefunden,
Die ihr den Tod als Helden für uns starbt,
Die ihr den letzten Fein habt überwunden
Und so den schönsten Siegeskranz erwarbt:

Frisch bluten unsre Wunden heut hienieden;
Die euern sind vernarbt dort oben schon:
O Herr, umfang sie all mit deinem Frieden,
Als ihrer Treue ewig- schönster Lohn!

Und ihr, die ihr in stillem Herzeleide
Abseits in Schmerz und tiefer Wehmut steht,
Ihr Mütter, die im schwarzen Trauerkleide,
Ihm Witwen, die ihr trüb in Tränen geht:

O, lasst verstummen doch des Herzens Klagen,
Seid nur getrost, drückt noch der Schmerz so sehr!
Du deutsches Volk steh fest und ohne Zagen,
Schau vorwärts in das dunkle Zeitenmeer.

Ihr Brüder all, in fernsten deutschen Gauen,
In Manneszucht seid einig, treu fürwahr,
Dann wird der Wolkenhimmel wieder blauen,
Und neues Glück erfreun euch immerdar!

H. Meyes.

Unsere braven Krieger, die uns über vier Jahre hindurch todesmutig beschützt, hatten nach Einstellung der Feindseligkeiten ihren Rückzug nach Deutschland angetreten, um ihren Einzug in die teure Heimat zu halten und mit Weib und Kind, mit Eltern und Geschwistern ein frohes Wiedersehen zu feiern. Man begreift, wie die Angehörigen der Krieger in heller Freude aufjauchzen und die nun bevorstehende dauernde Wiedervereinigung mit ihren Lieben, um die sie in lange Trennung so viele Tränen der Sorge und des Mitleids geweint hatten. Aber nicht nur die Kriegerfamilien, nein, die gesamte Bürgschaft Lobberichs sah den Tagen des Einzuges ihrer Söhne sowie des Durchzuges heimkehrender deutscher Truppen in ungeduldiger freudiger Erwartung entgegen, um ihren ihre Liebe und vor allem ihre Dankbarkeit zu bezeigen.

Am 15. November 1918 kamen die ersten Krieger aus dem Felde in ihrem Heimatort Lobberich an.
Am 19. November 1918 wurde durch Sonderblatt den Bürgern Lobberichs noch eine besondere Anregung zum würdigen Empfange unserer braven unbesiegten Truppen begeben, und bereits nachmittags prangte Lobberich im schönsten schwarz- weiß- roten Fahnenschmuck.
Reges Leben entwickelte sich am 20. November 1918, hieß es doch, Lobberich erhält Einquartierung. Nun galt es, den tapferen Beschützern unserer Heimat einen würdigen Empfang zu bereiten. Wie da unsere Jungens liefen, um noch schnell das notwendige Grün für die Ehrenpforte herbeizuschaffen und unsere Mädchen flink die Hände regten, um Kränze und Sträuße zu winden! Den Höhepunkt erreichte der Jubel, als gegen 2 Uhr nachmittags Truppen mit fliegendem Spiel und begleitet von der Jungend mit wehenden Fahnen, blumengeschmückt, über die Breyeller Straße kommend ihren Einzug hielten. Vor der Ehrenpforte, Ecke Breyeller und Hochstraße, die die Inschrift trug: „Die Heimat grüßt die unbesiegten Helden“, begrüßte Herr Bürgermeister Eger die Truppen und führte sie zum Marktplatz. In kurzen kernigen Worten dankte der Major für den festlichen Empfang. Begeistert und wehmütig stimmten viele hundert Kehlen in das Hoch auf unser Vaterland und das folgende „Deutschland, Deutschland über alles“ ein.
Recht erfreulich und dankenswert war es, zu begrüßen, dass unsere Bürger- und besonders die Arbeiterschaft es sich nicht nehmen ließen, die müden Krieger zu bewirten und zu beherbergen. Zu zwei, drei und mehrere wurden die Krieger in Privatquartieren untergebracht. Nicht mancher blieb in den Waffenquartieren. Sollten wir nicht den tapferen Helden, die vier lange Jahre todesmutig uns die Heimat, Haus und Herd beschirmt hatten, nicht nun auch einen Platz in unserem Hause gönnen und den letzten Bissen Brot mit ihnen teilen! Dankbar war die Heimat nicht nur in Worten, sondern auch in der Tat. Die Bürgerschafft Lobberichs bewies dies den Soldaten und bot gerne, was eben den Zeitverhältnissen entsprach.

Immer stärker schwoll nun der Strom der zurückkehrenden Truppen an. Wagen reite sich an Wagen, Mann an Mann zogen die Truppen noch in gut geordneten Verbänden durch die Straßen. Bunt wie Kirmeswagen zogen manche Fahrzeuge daher, belebt von einem Schwarm glückliche Kinder, die auf Bock und Trittbrett sich häuslich eingerichtet und sich schnell mit dem Soldaten angefreundet hatten. Jeder Wagen, jedes Auto wurde freudig begrüßt, und herzlich gingen die Grüße vom Volk zum Soldaten. Die schwarz- weiß- roter Fahne flatterte indessen von allen Häusern und entbot den tapferen Kriegern den deutschen Heimatgruß.
Am 30. November 1918 waren die deutschen Truppendurchzüge beendet. Die Truppen gaben wiederholt ihrer großen Dankbarkeit und Freude Ausdruck wegen der vortrefflichen Aufnahme, die sie in Lobberich gefunden hatten, und die Offiziere wurden bei der Gemeindeverwaltung vorstellig mit der Bitte, der Bevölkerung durch die Zeitung den herzlichsten Dank der Truppen auszusprechen und ihre gastliche Aufnahme und Bewirtschaftung. Der Kommandeur der 2. Marine- Division, die auf dem Durchmarsch hier zwei Tage einquartiert war, dankte in einem Schreiben unserem Herrn Bürgermeister für die beispiellos gastliche Aufnahme, die sein Bataillon hier gefunden habe und sagte darin, dass Lobberich das weitaus besser Quartier auf dem ganzen Marsche von Zeebrügge bis Bentheim (Hannover) gewesen sei. Auf besonderen Wunsch der Mannschaften sollte die Lobbericher Bürgerschaft nochmals der herzlichste Dank übermittelt werden.
Durch den Abtransport der Truppen von der Westfront erwuchsen den deutschen Eisenbahnen gewaltige Aufgaben. Dadurch entstand die Notwendigkeit, Reisen von Zivilpersonen auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. Ab 20. November 1918 trat daher folgende Verordnung in Kraft:

Gepäck und Expressgut wird auf weiteres nicht befördert. Militärgepäck unterliegt nicht dieser Sperre. Auch können einzelne, für die Volksernährung besonders wichtige, leicht verderbliche Produkte, deren Beschaffenheit schnellste Beförderung erfordert, z.B. Hefe, in dringenden Fällen weiterhin als Expressgut angenommen werden.
Als Handgepäck darf von den Reisenden nur ein Stück mit mitgeführt werden. Fahrkarten einschließlich Bahnsteig- und Automatenkarten sind an Zivilpersonen nur bei Vorlage eines Reise-Erlaubnisscheines zu verausgaben. Erlaubnisscheine dürfen nur in folgenden Fällen ausgefertigt werden:

  1. für die dringenden Berufsreisen im allgemeinen, öffentlichen Interesse. Als solche gelten z.B. Reisen von und nach den Stellen der Kriegs- oder Volkswirtschaft, wenn eine Anordnung oder Einladung dieser Stelle vorliegt;
  2. für Reisen auf Grund behördlicher Ladungen und Veranstaltungen;
  3. für Reisen bei Todesfällen oder schweren Erkrankungen der nächsten Angehörigen (Eltern, Ehegatten, Geschwister und Kinder), was durch ärztliche, von der Polizei beglaubigte Bescheinigung nachzuweisen ist.
    Von der Vorlage eines Erlaubnisscheines zur Lösung von Fahrkarten sind befreit:
    1. Arbeiterverkehr auf Rückfahr- und Wochenkarten,
    2. Berufsverkehr auf Zeitkarten (einschließlich Schülerkarten),
    3. Inhaber von Freikarten und Freifahrtschein an.

Neue Arbeiter- und Zeitkarten sind nur gegen Abgabe der abgelaufenen Karten zu verabfolgen. Diese sind daher nach Ablauf der Gültigkeit dem Inhaber zwecks Vorlage bei der Lösung der neuen Karten zu belassen. An Reisende, die bisher nicht im Besitze solcher Karten waren, dürfen keine Arbeiter- oder Zeitkarten mehr verausgabt werden. Da bereits vor Veröffentlichung dieser Einschränkungen abgelaufene Arbeiter-, Wochen- und Rückfahrkarten an der Sperre abgegeben worden sind, wird für die Zeit vom 20. bis 27. November 1918 nachgelassen, dass für die Ausgabe neuer Arbeiterkarten während dieser Zeit die Vorlage des Ausweises zur Erlangung von Arbeiterkarten genügt.

Die Ausstellung der Reiseerlaubnisscheine erfolgt durch die Polizeiverwaltung.

Reisen nach dem rechtsrheinischen Gebiet sind nur mit besonderem Ausweisschein gestattet. Der Ausweisschein kann nur bei besondere Dringlichkeit von der Polizeiverwaltung ausgestellt werden. Unterschrift erfolgt durch die Polizeiverwaltung sowie durch die Zentralstelle des Arbeiter- und Soldatenrats in M. Gladbach. Ausgenommen sind der Arbeiterverkehr auf Rückfahrt- und Wochenkarten und der Berufsverkehr auf Zeitkarten.

Diese Verordnung gilt für den Landwehrbezirk Rheydt.

M. Gladbach, den 16. November 1918.

Soldaten- und Arbeiterrat der Kreise
Gladbach Stadt und Land der Rheydt.

Hatten die Lobbericher Bürger ihren durchziehenden Helden mit tief dankbarem Herzen dargeboten, was sie bieten konnten, so war der Empfang, den sie ihren heimkehrenden Kriegern boten, gerade zu überwältigend. Wie schlugen da die Wogen der Begeisterung, wie groß war die Liebe und Dankbarkeit beim Wiedersehen mit ihnen. Da gönnten heiße Sehnsucht und freudige Erwartung den Augen keinen Schlaf mehr; da wurden die Wohnungen der zu Erwartenden festlich geschmückt und bekränzt. Da eilten Scharen zu den ankommenden Eisenbahnzügen, um die zurückkehrenden Angehörigen nach langer bitterer Trennungszeit in Empfang zu nehmen und sie an´s Herz zu drücken. Solche Augenblicke des Wiedersehens kann keine Feder beschreiben, sie müssen erlebt und geschaut werden. Freudenrufe, erstickt von Freudentränen, Umarmungen, die sich nicht mehr lösen wollen, Händedrücken von Freunden und Bekannten, ein Drängen und Umstehen, das dem heimkehrenden Kriegern fast den Weg versperrte! Und erst im Heim! Auf´s Neue Ausbruch hellste Freude ob des Wiedersehens nach langer Trennung. Wie war jeder bemüht, dein tapferen Kriegern, die so große Entbehrungen um der Heimat willen freudig getragen, reichen Ersatz, ja das Beste von allem zu bieten. Gab das ist ein frohes Wiedersehen in der Nachbarschaft, in Verwandten- und Freundeskreisen, in den Wirtschaftslokalen, einen nicht endenwollenden Austausch des Erlebten! Vergessen waren die harten Kriegsstrapazen, vergessen alle Kriegsnot. Die glückliche Heimkehr der geliebten Angehörigen löste die froher Hoffnung auf eine bessere, sich wieder glücklich gestaltende Zukunft aus.
Leider wurden die Freuderufe oft von bitteren Klagen unterbrochen, mischten sich Wehmutszähren unter die Freudentränen. Blieb das Glück des Wiedersehens doch so vielen Lobbericher Familien vorenthalten oder getrübt, die den Verlust ihres in´s Feld gezogenen Lieben zu beklagen hatten, die von feindlichen Kugeln tödlich getroffen, nun in Heldengräbern schlummern.

Fliegerlandung.

Von den von der Westfront heimkehrenden Flugzeugen überflogen verschiedene unsere Gegend. Am 16. November 1918 musste ein Doppeldecker wegen eines Motor defekt zwischen Lobberich und Dyck niedergehen. Beim Landen überschlug sich jedoch die Maschine und fiel aus geringer Höhe zur Erde nieder. Die Insassen, zwei Militärpersonen, kamen mit dem Schrecken davon. Das Flugzeug dagegen erlitt derartige Beschädigungen, dass es abmontiert werden musste. Der Propeller dieses Flugzeuges wird zur Erinnerung im Beratungszimmer des Rathauses aufbewahrt, während der Motor später in die Hände der belgischen Besatzungstruppen viel.


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