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Donnerstag, 03. Februar 2005


"Kuranyi mit dem Kopf ... an die Latte,"


André Mannheim aus Lobberich kommentiert Bundesligaspiele für Blinde und Sehbehinderte live im Stadion

Von Ulrich Rentzsch

Lobberich. "Ramelow geht über rechts, jetzt kurz vor dem Sechzehner, Flanke, Schneider geht in die Mitte, Schneider mit dem Kopf, den muss er machen, und ... vorbei, das gibt's doch gar nicht. Trainer Augenthaler rauft sich die Haare." Der Lobbericher André Mannheim (35) ist sozusagen 90 Minuten auf Ballhöhe, kommentiert live aus dem Leverkusener Stadion die Bundesligapartie gegen den VfB Stuttgart. Regina Hillmann und Nina Schweppe sitzen direkt neben ihm Sie können das, was André Mannheim beschreibt, nicht sehen. Sie sind blind.

Der Betriebswirt, Vater zweier Kinder, ist Begleiter für Mitglieder der "Sehhunde", ein Fanclub für Sehbehinderte und Blinde mit Sitz in Hamburg. Regina Hillmann und Nina Schweppe sind leidenschaftliche Fußballfans. Regelmäßig besuchen sie Fußballspiele. Wenn ein Besuch im Rheinland au dem Programm steht, rufen sie einige Wochen vor der Partie bei André Mannheim an: "André, wie sieht's aus? Leverkusen gegen Stuttgart kannst du?"

Am Bahnhof in der Nähe des Stadions wartet André Mannheim auf die beiden Fußballfans, hakt sich in ihre Arme und führt sie sicher ins Stadion. "Die beiden sind erstaunlich gut über das Fußballgeschehen informiert", erzählt der Lobbericher, "was macht Klinsmann, wer ist wo Trainer, und und und. Aber es kommen auch Projekte der Sehhunde und schließlich auch Privates zur Sprache."

Begleitung ist enorm wichtig

Inzwischen hat Bayer Leverkusen - auch auf Initiative der Sehhunde - eine Blindentribüne für Sehbehinderte eingerichtet. Die Plätze sind mit Kopfhörern ausgestattet, ein Mitglied des Vereins kommentiert das Spiel. Wird das Engagement von André Mannheim überflüssig? Keinesfalls, denn die Begleitung zum Stadion und wieder zum Bahnhof sind für Regina Hillmann und Nina Schweppe enorm wichtig. "Und schließlich freuen wir uns auch auf die Bratwurst, die zum Fußballspiel dazu gehört." Und noch längst nicht alle Vereine haben eine Blindentribüne eingerichtet. Dann ist André Mannheim gefragt.

Bei der Vorbereitung auf den nächsten Einsatz für die "Sehhunde"
dürfen Fynn und Kyra gerne stören. Andrd Mannheim begleitet Blinde
und Sehbehinderte bei Spielen der Fußball Bundesliga. Foto: Ulrich Rentzsch

"Kuranyi startet durch, Tiffert dicht hinter ihm, Lahm will steil spielen, aber Babic rutscht dazwischen, Einwurf." Aber nicht nur das Spiel selbst wird zum Thema. Das Randgeschehen ist ebenso wichtig. Ist das Stadion ausverkauft? Welche Fans sitzen wo? Was steht im Stadionheft? "Das hilft uns, die Atmosphäre zu deuten", erzählt Nina Schweppe. "Dann kommen auch Emotionen auf", sagt Andrd Mannheim, "obwohl die beiden bei der Reportage auf mich angewiesen sind, können sie sehr gut beurteilen,welche Stimmungen im Stadion herrschen." Und er glaubt sich selbst nicht immer im Vorteil: "Es gibt viele Dinge, auf die ich gar nicht höre und so als Information für mich verloren gehen." Fehlender Sehsinn, geschärfter Hörsinn? "Das zu beurteilen, fällt mir schwer", erklärt Nina Schweppe, "ich habe ja nie gesehen, kann also nicht richtig vergleichen, ob ich einen geschärften Hörsinn habe."

Die "Sport Bild" und das "DSF" hatten vor einiger Zeit auf die Sehhunde aufmerksam gemacht. Begleiter für dieSehbehinderten würden gesucht, hieß es.

So entstand der erste Kontakt, der sich inzwischen vertieft hat. jür ist es eine schöne Mischung: Ich kann unterstützen, wo Hilfe nötig ist, und ich kann dabei auch die Fußballspiele genießen", sagt der Lobbericher. Einmal im Jahr organisieren die Sehhunde ein Wochenendtreffen. Dazu werden hochrangige Persönlichkeiten eingeladen. Rudi Völler, Uli Hoeneß, Rainer Calmund und besonders Christoph Daum stellen sich dabei gerne zur Verfügung. Auch an diesen Wochenenden begleitet Andrd Mannheim die Sehhunde.

Alles ehrenamtlich

Sein Engagement ist ehrenamtlich. In der Regel wird die Eintrittskarte vom gastgebenden Verein gestellt, alle anderen Kosten müssen aus eigener Tasche finanziert werden. Aber das ist für Andrd Mannheim kein Problem, im Gegenteil, er freut sich schon auf das nächste Spiel. Vielleicht startet dann Giovane Elber gegen seine ehemaligen Bayerii-Kollegen durch. Die Sehhunde sind dann mit André Mannheim nicht nur nah dran, sie stehen mit ihm fast mit auf dem Platz.

Der Fanclub "Sehhunde" ist kein eingetragener Verein. Wer die Sehhunde dennoch unterstützen möchte, kann sich an Regina Hillmann, Steenwisch 82, 22527 Hamburg wenden.


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